Seien wir mal ehrlich, ausnahmsweise. Seit nunmehr drei Bezirksliga-Spielzeiten bekommen die 1. Handball-Herren des Moerser SC sportlich nicht mehr viel auf die Reihe. Enttäuschende Ergebnisse, eine übersichtliche Spielkultur und mehrere Wechsel an der Seitenlinie.
Und gerade, als wir uns in der Saison 2019/2020 mehr Kontinuität (und Punkte!) auf die Fahne geschrieben hatten, klappten uns reihenweise Spieler mit langwierigen Verletzungen weg. Zum Zeitpunkt des Saisonabbruchs in den Handball-Ligen hatten wir ganze 9 Punkte in 17 Spielen gesammelt.
Es ist also Zeit für einen neuen Anlauf, auf der Suche nach Beständigkeit und Ruhe. Nach der Seuchen-Saison ist vor der Seuchen-Saison.
Doch es gibt sie: Faktoren, die die Hoffnung auf eine erträgliche Spielzeit nähren.
Der Trainer
Trainer Dieter Lengkeit steht weiterhin an der Seitenlinie. Damit hat es seit längerer Zeit mal wieder ein Übungsleiter länger als eine Halbserie mit uns ausgehalten. Geht auch nur mit Ruhepuls 38.
Der Kader
Ist nicht tiefer, aber immerhin breiter geworden. Nicht nur körperlich.
Es schmerzt besonders der Abgang des großen Grummelossis und Torschützenkönigs Flo Vanek, der sich sportlich künftig lieber auf Marathon und Mini-Handball konzentrieren möchte. Wir zünden in Gedenken eine Banane an.
Auch Henrik Reim (Beruf), Robert Kolassa (MSC 3) und Christian Dyx (Neukirchen 2) stehen uns nicht mehr zur Verfügung. Macht’s gut und danke für Euren Einsatz.
Die offiziellen Neuzugänge lauten Kevin Croppen (Außen/Kreis, TV Schwafheim II), Marvin Gick (Wiedereinsteiger) und Luca Odenbach (Rückraum, Swieqi Phoenix). Beta-Kevin besticht durch Variabilität, Marvin durch Lernbereitschaft und der massive Ex-Malteser dürfte die Abwehr stabilisieren.
Doch vergessen wir nicht die zahlreichen Pseudo-Neueinsteiger. Martin Konnertz und Dennis Kanschat spielten in der vergangenen Saison verletzungsbedingt keine Minute. Auch André Mechmann kam nur auf eine handvoll Einsätze. Zu guter Letzt sind in dieser Kategorie auch noch Yannik Francois und BamBam Kuznitius zu erwähnen. Der drahtige Linkshänder schloss sich uns kurz vor dem erzwungenen Saisonende an, der nicht ganz so drahtige Völkerball-Enthusiast stand zu diesem Zeitpunkt erst am Anfang seiner Umschulung zum Torhüter.
Die Vorbereitung
Tatsächlich besticht der Kader bislang auch, die Älteren werden sich an so etwas erinnern, mit einer ordentlichen Trainingsmoral. Die Jungs wollen also.
Ob sie auch können, steht auf einem anderen Blatt. In der ungewöhnlich langen Vorbereitung, die sich in Intensität und Übungsformen an den schrittweisen Lockerungen im Sportbereich entlang hangelte, gab es durchaus ertragreiche Phasen. Ob wir aber tatsächlich einen Schritt zu mehr kollektiver Qualität hingelegt haben, wird nur die Saison zeigen.
Die Testspiele waren jedenfalls, wie immer, bedingt aussagekräftig. Die besten Mannschaftsleistungen boten wir während des Trainingslagers gegen den Turnklub Krefeld 2 (Kreisliga, 30:21) und gegen die HSG Duisburg-Süd (Bezirksliga, 29:25). Hier war die Verantwortung, vorne wie hinten, auf mehrere Schultern verteilt. Solidarisches, mannschaftliches Spiel. Vor allem stimmten Tempo, Ballsicherheit und Variabilität in der Offensive.
An anderen Tagen traten unsere ewigen Baustellen an die Oberfläche. Gegen den TuS Lintfort 2 (Kreisliga, 30:30) wackelte die Defensive härter als eine Gartenlaube im Tsunami, gegen den SSV Gartenstadt 2 (Kreisliga, 19:22) boten wir im Angriff stoischen Standhandball.
Der Vollständigkeit halber: Auch die Tests gegen den VfB Homberg 3 (37:25) und Hamborn 07 (31:22) waren faire und gute Einheiten, in denen wir neue Konstellationen ausprobieren konnten. Allen Gegnern vielen Dank!
Zusammengesfasst: Teamgeist, Training und Testläufe waren und sind völlig in Ordnung. Ob die Qualität auch in der Saison ausreichen wird, ist nicht voraus zu sehen. Denn die Bezirksliga Wesel ist 2020/21 qualitativ durchaus dicht besetzt.
Durch den freiwilligen Abstieg der HSG Alpen/Rheinberg (künftig: Kreisliga), dem Rückzug des TV Schwafheim II (künftig: nicht mehr existent) und der Zusammenlegung des Landesliga- und Bezirksligakaders in Schermbeck (künftig: in unserer Gruppe) wird es mühsam sein, indisponierte Gegner zu finden. Die Aufsteiger aus Friedrichsfeld und Uedem zu unterschätzen, dürfte auch nach hinten losgehen.
Kurzum: Jede Woche wird ein schwerer Gang, die Zielsetzung kann nur Klassenerhalt lauten.
Zumindest zum Auftakt dürfen wir befreit auflaufen, an den ersten beiden Spieltagen warten mit dem TV Kapellen (So, 6.9., 9.30 Uhr im HGZ) und der HSG Rübenhausen (SA, 12.9. 17.30 Uhr im ENNI) jene Gegner, die jüngst die Plätze zwei und drei belegten und sich bei Saison-Abbruch noch mitten im offenen Aufstiegsrennen befanden. Nicht unser Kaliber, nicht unsere Tabellenregion. In diesen Partien müssen wir lediglich auf Kevin Kanschat (Fingerbruch) und Lukas Panitz (Patella) verzichten.
Wenn wir die positiven Aspekte der letzten Wochen kultivieren sollten, wird es aber zeitnah genügend Gelegenheiten geben, eine erfolgreiche Spielzeit zu gestalten. Es liegt an uns. Sonst gibt’s wieder nur neun Punkte.
Text: salz
Foto: Beyer