DER DVV ENTLÄSST NATIONALTRAINER LUCIANO PEDULLÀ
Die erste Assoziation, die sich bei der Meldung „DVV entlässt Pedullà“ aufdrängte war die geordnete Demission von Herren-Bundestrainer Vital Heynen. Während nämlich Nationaltrainer Luciano Pedullà mit der deutschen Nationalmannschaft der Frauen bei der EM mit einer Übergangsmannschaft (Mix: alt-jung) den 5. Platz (und die Quali für die nächste EM!) erreichte, landete Männer-Bundestrainer Vital Heynen mit seiner „Weltklassemannschaft“ bei der EM nur auf dem 8. Platz.
Heynens „Höllenwoche“ in der Vorbereitung, seine Fehleinschätzung der Situation (Heimpublikum, 0:3 vs Bulgarien) und sein strategischer Irrtum mündeten in einer großen Enttäuschung – ähnliches Gerede und Fehlkalkulationen hat sich Pedullà nicht geleistet. Heynen ist es irgendwie gelungen, sich mit den üblichen Sorgenfalten auf der Stirn und der Formel „nur eine Delle“ elegant aus der Affäre zu ziehen. Pedullà hat in seiner kurzen Amtszeit nur hart gearbeitet. Entweder Medaille oder weg.
Die EM-Platzierung allein dürfte bei Pedullà´s Entlassung nicht entscheidend gewesen sein. Pedullà hat versucht, notgedrungen mit einer Reihe von jungen Spielerinnen (Jennifer Geerties, Anja Brandt und Wiebke Silge) das Maximalziel zu erreichen und ist im Viertelfinale im Tiebreaker nur ganz knapp (12-15!) gegen die Türkei gescheitert. Dies sollte bedacht werden. Auch sollte man einen nüchternen Blick auf die hohen Erwartungen der Funktionäre werfen, die das Team vorher hochgejubelt hatten und Medaillenträume hegten. Pedullà hat mit einer Mannschaft des Übergangs eine ordentliche Platzierung erreicht.
„Brutta figura“ hat Pedullà nicht verdient
Diesen Abgang hat der Trainer nicht verdient. Schade auch, dass die Fachpresse sich zu eher zweifelhaften Bemerkungen bei der Bewertung einzelner Spielerinnen hinreißen ließ: so wurden Margareta Kozuch, Maren Brinker und Heike Beier, die sich über Jahre für die Nationalmannschaft verzehrt haben, indirekt degradiert. Das gehört sich nicht. Auch gehört es sich nicht, mit einer „Hinter-vorgehaltener-Hand Semantik“ gegen Pedullà zu sticheln. Wenn schon, dann Ross und Reiter nennen. Und auch der Begriff „Kulturschock“ von Vizepräsident Evers bedarf einer Erläuterung. Wer hat Pedullà eigentlich angeheuert?
Die Tatsache, dass sich Pedullà bei der Auswahl von qualifiziertem Nachwuchs nicht aus dem Vollen bedienen kann, muss in dem Gesamtkontext auch erwähnt werden. Das aber ist ein Problem des DVV und der DVL. Hier werden seit Jahren im Nachwuchsbereich nicht die entsprechenden Kräfte aus der Bundesliga nachgereicht. Kein Wunder, wenn – wie in der Vergangenheit geschehen - in Bundesligaclubs wie in Aachen von 12 Spielerinnen gerade mal eine die deutsche Staatsbürgerschaft hat ...
Und wenn dann junge Spielerinnen nachrücken, muss man ihnen Zeit zur Entwicklung geben. Pedullà hat man diese Zeit nicht gegeben; sein Vorgänger Giovanni Guidetti wusste, dass es Zeit braucht und hat die Konsequenzen gezogen. Nun hat der DVV auch eine Konsequenz gezogen – aber eine falsche Konsequenz. Wenn man den Männern bei der Olympia-Qualifiation in Berlin mit Vital Heynen eine REHA-Chance gibt, dann hätte auch Luciano Pedullà eine solche mit seinem Team beim Qualifikationsturnier in Ankara verdient.
Libero