Viele Tränen nach der unglücklichen Niederlage - nur Vizemeister und: Mannschaft weg
Das Drehbuch für die Saison 21/22 hätte nicht besser ausfallen können: am letzten Spieltag stehen sich mit Moers und Mondorf die Topp-Teams gegenüber, über die gesamte Saison hinweg enge Rivalen. Im Finale macht Mondorf nach einem über zwei Stunden dauernden Drama im Tiebreak zwei Punkte mehr ... und sichert sich mit dem 3:2 Sieg nach 24 Spielen (und einem gewonnenen Satz mehr) die Meisterschaft in der Bundesliga Nord.
Trainer Hendrik Rieskamp war in der Hardtberghalle pünktlich um 20.00 Uhr mit der „üblichen“ Startsechs ins Spiel gegangen: im Zuspiel Marcin Kapusniak, auf der Diagonalen Marvin Prolingheuer, auf der Annahme/Außen Position Felix Orthmann und Jannik Brentel, in der Mitte Jan Breburda und Maximilian Kersting. Auf der Liberoposition André Illmer.
Immer unter Druck - die Moerser Annahme und Defensive ...
Von Beginn an auf gleicher Höhe
Schon im ersten Drittel des ersten Satzes deutet sich eine sehr enge Auseinandersetzung an: über 2-2, 4-4 und 6-6 kann sich der Gastgeber nach einem Technikfehler bei Moers sowie einem Mondorfer Konter (nach zaghaftem Moerser Angriff) mit 6-8 durchsetzen – muss aber nach einem „sehr langen Lob“ (weit nach hinten auf die Position fünf) von Felix Orthmann sowie einem schönen Berburda/Prolingheuer-Block schnell wieder den Einstand hinnehmen. Über 10-10 und 12-12 bleibt die Partie ausgeglichen. Dann ein Moerser Aufschlagfehler und zwei Moerser Angriffe direkt in den Mondorfer Block und Auszeit von Moers bei 12-15. Noch ein Moerser Aufschlagfehler und ein Moerser Lob in den Mondorfer Block und 4-Punkte-Rückstand bei 14-18 – Trainer Rieskamp erneut mit einer Auszeit dabei. Dann sorgen Orthmann, Kersting und Brentel (gleich zweimal) für das 19-21 – Auszeit von Mondorf. Danach folgt ein Moerser Angriff ins Aus, einer ist zu zaghaft und wird gekontert ... und der erste Satz ist weg.
Felix Orthmann greift ab ...
Felix dreht auf
Der zweite Durchgang zunächst weiter eng. Nach 5-5 dünne Führung zum 7-5 - nach einer schwachen Mondorfer Annahme und mit einem heftig „geschobenen“ Ball von Felix Orthmann. Chris Carter sorgt für die 8-7 Führung. Ein Orthmann-Aufschlag sowie ein Orthmann-Hinterfeldangriff verbunden mit Punktgewinn nach Mondorfer Missverständnis ... bringen mit zwei Kersting-Punkten und einem weiteren Orthmann-Punkt die 15-11 Führung. Auszeit Mondorf. Moers erweitert mit Block auf 16-11, Orthmann erneut mit druckvollem Lob durch den Mondorfer Block zum 17-11, danach Mondorfer Angriff ins Aus und 18-11 (!) Führung. Danach aber drei Moerser Fehler in Folge - Auszeit Moers bei 18-14. Bei 19-15 wechselt Trainer Rieskamp Lukas Schattenberg ein. Mondorf macht weiter Druck, beim MSC Team weitere Aussetzer: feste in den Block, ein Angriff klar ins Aus und Auszeit Moers bei 19-18. Moers scheint „den Faden verloren“ zu heben, hält aber mit Berburda- und Carter-Punkten die 22-19 Führung. Auch ein Aufschlagfehler von Mondorf hilft weiter. Nach Auszeit von Mondorf bei 23-21 für den MSC ein weiterer Mondorfer Angriff ins Aus: 24-21. Mondorf kann noch verkürzen – aber ein am Netz aufmerksamer Maximilian Kersting drückt in einer etwas unübersichtlichen Situation den Ball kräftig nach unten, Mondorf überrascht ... und Fehler.
Chris Carter setzt sich durch ...
Mondorf schlägt zurück
Auch im 3. Satz zunächst wieder nur 8-7 Führung für Moers. Weiterhin ein eher ausgeglichenes Spiel mit langen Rallies. Nach 10-9 Führung plötzlich 10-10 ... weil Chris Carter übergetreten haben soll. Trainer Rieskamp reagiert mit Auszeit. Danach Moers in den Mondorfer Block und nach einer Megarallye punktet erneut Mondorf: 10-12. Es bleibt eng in einem hart umkämpften 2. Drittel, die weit über 1000 Zuschauer begleiten jede Aktion – die riesige Moerser Fangruppe natürlich deutlich für das MSC-Team. Nach dem 2. Drittel weiter 2-Punkte-Rückstand. Ein Moerser Aufschlagfehler folgt, eine schwache Annahme bringt das 14-18 und eine Auszeit von Trainer Rieskamp. Bei 15-19 kommt Lukas Schattenberg in die Partie, bei 15-21 bringt Trainer Rieskamp Zuspieler Mateusz Maciejewicz. Es folgt ein weiterer Wechsel von Trainer Rieskamp, der Marvin Prolingheuer wieder ins Spiel bringt. Noch ein Punkt von Moers (Orthmann) zum 19-23 – aber Rieskamp´s Team kann sich nicht mehr entscheidend durchsetzen.
Der Breburda/Orthmann Block fängt ab ...
Mondorfer Spielball gekontert
Im 4. Durchgang über 3-3 und 5-5 wieder zu einem leichten 6-8 Rückstand, aber schnell egalisiert von Felix Orthmann. Auch im 2. Drittel bleibt es weiter sehr eng: immer nur einen Punkt Abstand. Verbissenes Ringen – über 10-11 und 12-13 kann sich der MSC nicht entlasten, streut Fehler ein und kommt am Ende des Drittels bei 15-16 an. Das Spiel bleibt eng und intensiv. Nach Einstand bei 17 gelingt mit einem guten Aufschlag die 18-17 Führung – zunichte gemacht durch eine „Technikpanne“ beim Angriff. Nach 19-19 punktet Orthmann mit Ass zum 20-19. Der folgende Moerser Angriff geht in den Mondorfer Einerblock. Wieder alles extrem eng. Nach 23-23 weiter mit Fehlern „hüben und drüben“, erster Satzball für Moers bei 24-23. Bei 24-25 Satz- und Spielball für Mondorf – vereitelt durch einen Maximilian-Kersting-Punkt. Nach 26-26 Felix Orthmann „mit der Brechstange“ und Marvin Prolingheuer punktet nach einer megalangen Rally mit einem „ harmlosen“ halbfesten Ball. Gerettet – ab in den Tiebreak.
Trainer Hendrik Rieskamp - Motivation bis zuletzt ...
Tiebreak: Herzschlagfinale ...
Im Tiebreaker gelingt Mondorf nach einer erneut langen Rallye die 0-1 Führung. Moers direkt ins Aus, ein Zuspiel passt nicht (der Angreifer „verfliegt“ sich), Mondorf noch mit Ass – und 0-4 Rückstand. Prolingheuer punktet zum 1-4. Beide Teams „streuen“ Fehler ein – die Punkte 2 und 4 kommen von Prolingheuer, ein Moerser Zuspiel passt nicht und Mondorf beim Seitenwechsel mit 4-8 vorne. Das MSC-Team wechselt auf die Moerser-Fanblock-Seite ... und Rieskamp´s Team rückt mit Mondorf-Fehler und Kersting/Kapusniak-Block auf 7-9 auf. Auszeit Mondorf. Ein „harmloser“ Aufschlag von Prolingheuer verdutzt die Mondorfer Annahme: 8-9. Der MSC-Block tobt. Bei 9-10 der MSC weiter fast gleichauf – dann Entsetzen beim Team und dem Moerser Zuschauerblock: Felix Orthmann bleibt nach einem Angriff verletzt am Boden, wird auf dem Feld von Physio Jörn Becker intensiv versorgt, bleibt minutenlang liegen ... und wird dann auf einer Matte vom Feld getragen. Das Moerser Publikum skandiert „Felix Orthmann“ Rufe, will Felix am Spielfeldrand weiter stützen. Es geht nicht mehr – Trainer Rieskamp beordert Lukas Schattenberg auf´s Feld. Prolingheuer punktet, der Moerser Block fängt Nils Becker ab: 11-11... und das Drama geht weiter. Noch eine geistesgegenwärtige Reaktion von Marcin Kapusniak (drückt einen Ball von der Netzkannte blitzschnell ins gegnerische Feld) und 12-12. Noch drei Punkte sind zu machen: Marvin Prolingheuer schlägt kontrolliert auf den Mondorfer Bock zum 13-12. Ausgleich bei 13-13 ... und nun „fehlen“ zwei Bälle nach einer endlosen langen Saison für die finale Entscheidung. Nach einer erneut langen Rallye punktet Mondorf ... und geht nach einem weiteren Punkt (Nico Wegner „vollstreckt“ von der Pos. 4) in den Hopskreis. Over and out. Irrer Jubel, das Publikum skandiert „Nie mehr 2. Liga“ während sich die Moerser Spieler tief enttäuscht „verteilen“ ...
Nico Wegner macht den letzten Punkt der Saison 21/22 ...
Resumée: Die Dramaturgie für das Bundesliga-Nord-Finale war einzigartig: ein monatelanges Kopf-an-Kopf-Rennen, zwei klasse Teams ... und im letzten Spiel fällt in der letzten Minute die Entscheidung mit einem Zweipunkteabstand. Sprecher aus beiden Lagern bezeichnen den Sieg für Mondorf nach dieser hochdramatischen Auseinandersetzung „als etwas glücklich“ ... aber auch als „letztlich verdient“. Immerhin: Mondorf hat den MSC zweimal schlagen können: einmal deutlich, einmal mit einem Herzschlagfinale.
Im sportlichen Bereich auffallend die vielen langen Rallies mit sehr guten Leistungen in der Abwehr – auf beiden Seiten. Die Topp-Akteure nicht fehlerfrei in dieser Wahnsinns-Konstellation – aber mit ungeheurer Motivation. Das MSC Team gleich mit zwei Belastungen: im vorletzten Spiel gegen Lindow-G geschwächelt und irritiert nach langer Siegesserie, danach von der Vereinsführung abgemeldet. Dennoch ein einwandfreier sportlicher Auftritt einer Mannschaft, die Trainer Hendrik Rieskamp mit seinen Assistenten Markus Pukownik, Roland Engels und Sven Simon geformt hat, die sich als großer Sympathieträger in Moers als gewachsene Einheit präsentierte und im Saisonverlauf viel Anerkennung in der Liga gefunden hatte.
Die Mannschaft und ein Teil der Unterstützer ...
Durchaus verständlich, dass diese so enge Niederlage starke Emotionen freisetzte – und mit dem extrem engen Ausgang und der fast tragischen Verletzung von Felix Orthmann in der Schlussphase den Spielern in der Gesamtkonstellation eine übergroße Enttäuschung auf die Schultern legte. Die stellvertretende Bürgermeisterin von Moers, Claudia van Dyck, war mit angereist, erlebte ein seltenes sportliches Drama ... und durfte am Ende nicht einmal „ihre“ Spieler mit einer kleinen Anerkennung ehren, aber assistierte ihrem Kollegen Stephan Vehreschild, Bürgermeister der Stadt Niederkassel. Ausführliche Ehrung für den Meister (The winner takes it all!) ... für den Vizemeister war von der VBL aus nichts vorgesehen.
Nach einer tollen Saison muss man dem würdigen Meister TuS Mondorf gratulieren, der nun die großartige Volleyball-Tradition aus dem Großraum Bonn fortsetzt. Ob evtl. mit einem Aufstieg in die 1. Bundesliga ...?
Stimmen:
Trainer Hendrik Rieskamp: „Wir hatten uns einiges vorgenommen und das auch ganz gut durchgesetzt. Die Jungs haben wirklich alles auf dem Feld gelassen. Zum Schluss fehlt dann ein Quentchen Glück. Wir müssen die Niederlage nun annehmen – aber es ist schon bitter in Anbetracht der Umstände: diese sympathische Mannschaft, die alles gegeben hat, zerfällt nun. Dass unsere starke Gemeinschaft nun gesperrt wird durch die Entscheidung, die Zweite Liga zu verlassen, tut nach einer solch bitteren Niederlage noch mehr weh. Und Felix verletzt sich in der Schlussphase, das macht mich fertig. Wir haben eine Wahnsinnssaison gespielt – und nun das. Wirklich schwer zu verkraften ... es ist sehr emotional!“
Trainer Anastasios Vlasakidis: „Das war heute nicht so einfach wie im letzten Dezember. Das Spiel hatte heute den Charakter eines Pokalfinales – es ging in dem einem Spiel um alles. So etwas musst du natürlich auch mit Herz spielen. Wir haben alle die Nachrichten aus Moers gelesen, erst die Niederlage gegen Lindow, dann die Mannschaft abgemeldet. Wir durften uns nicht irritieren lassen, mussten den Fokus auf das Spielfeld richten. Darin bestand meine Aufgabe in den letzten Tagen: die Konzentration auf´s Spielfeld zu bringen. Das haben wir geschafft und ich bin natürlich sehr zufrieden.“
Lukas Schattenberg: „Eine ganz bittere Geschichte. Jeder hat heute nur für sich und für´s Team gespielt, hat sich in der ganzen Saison für die Mannschaft stark gemacht. Die letzten Tage waren hart. Schade auch, dass jetzt für einige von uns die Karriere endet, nur zwei Punkte fehlten ... und Felix verletzt sich auch noch. Das ist alles unglaublich schwer zu nehmen. Ich möchte mich aber persönlich bedanken bei dieser Mannschaft, das war eine große Erfahrung. Ich bedanke mich auch ausdrücklich bei unseren Fans.“
Bernd Werscheck, Ex-Nationaltrainer, Ex-Trainer Düren, Beach-Experte: „Das war heute ein Superspiel, ein sehr sehr gutes Zweitligaspiel. Da kann man nur sagen: Chapeau! Großartiger Auftritt beider Mannschaft in dieser ganz besonderen Situation. Nochmal: man muss vor beiden Teams wirklich den Hut ziehen. Es ist für mich auch ein Drama, dass so ein Team wie die Moerser Mannschaft nun ganz von der Bildfläche verschwindet. Sehr schade!“
Das MSC Aufgebot: Jannik Brentel, Jan Breburda, Chris Carter, Tim Ihde, André Illmer, Marcin Kapusniak, Maximilian Kersting, Yannick Kugel, Mateusz Maciejewicz, Felix Orthmann, Marvin Prolingheuer, Lukas Schattenberg, Luca Wagner, Trainer: Hendrik Rieskamp, Co-Trainer: Roland Engels, Markus Pukownik
Das Ergebnis: TuS Mondorf vs. Moerser SC 3:2,25-20,22-25,25-19,26-28,15-13 in 25,26,26,30 und 20 Minuten (2h 7min) vor 1151 Zuschauern, MVP Gold Max Funk, MVP Silber André Illmer.
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