Letzter großer Ausflug der „Adler“ endet mit Bruchlandung

Moerser „Adler“ von den Kieler „Adlern“ düpiert

Das war eine bittere Lektion am Samstagabend in der Hein Dahlinger Halle in Kiel: kurz und schmerzvoll wurde das Team von Trainer Hendrik Rieskamp in einer guten Stunde von einem kompakten Kieler Team abgefertigt … und kann sich damit die letzten Hoffnungen auf den Spitzenplatz in der Bundesliga Nord endgültig abschminken.

In der Startsechs erneut Lukas Salimi im Zuspiel und Marvin Prolingheuer auf der Diagonalen. Chris Carter und Maxi Ströbl auf der AA Position, Veit Bils und Oskar Klingner in der Mitte. Auf der Liberoposition André Illmer. Niklas Mülders musste nach der Einspielzeit komplett verzichten (Rücken).

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Volle Konzentration bei André Illmer ...

Abwehr von Beginn an porös

Der MSC startet mit einem Hammerangriff von Veit Bils, danach Kiel ins Aus und 2-0 Führung. Moers kann zweimal nicht abwehren, Maxi Ströbl zum 3-2, dann nach einer zweiten langen Rallye Einstand. Danach Moers zweimal ins Aus und Kiel mit 5-3 vorne. Kiel im Angriff präzise, die Moerser Abwehr löchrig: 8-5 für die Gastgeber, die über 10-6 auf 12-8 erweitern. Dann punkten Ströbl und Klingner, Bils und Prolingheuer mit wirkungsvollen Aufschlägen und bei 13-12  Moers wieder mit einem Punkt „dran“. Dann aber zweimal in den Kieler Block und Kiel auf 16-12 davon. Bei 18-14 für Kiel reagiert Trainer Rieskamp mit einer Auszeit, Moers danach in den Block und erstmals mit einem 5-Punkte-Rückstand. In der Schlussphase (ab 20) Moers mit zwei Aufschlagfehlern, einmal ohne Block, einmal Angriff in den Block und eine Annahmepanne.

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Kiel "spielt" mit dem Moerser Block ...

Immer wieder mitgehalten - aber nicht die Kurve gekriegt

Im 2. Durchgang startet das dasselbe Sextett wie im 1. Satz. Nach 3-3 und 5-5 kann sich Moers eine 7-5 Führung erarbeiten - u.a. mit zwei schönen Hinterfeldangriffen (Carter und Prolingheuer) sowie einem weiteren Prolingheuer- und Bils-Angriff. Kiel reagiert mit Auszeit, kann bei 7-7 nach Moerser Angriff in den Block egalisieren. Die Partie nun über 9-9 und 11-11 ausgeglichen. Nach Annahmefehler und Angriff in den Block reagiert Trainer Rieskamp bei 11-12 mit einer Auszeit und bei 11-14 Moerser Rückstand mit einem Doppelwechsel: Tim Ihde kommt für Veit Bils, Jonas Hoppe rückt für Lukas Salimi ein. Zwei Prolingheuer-Angriffe, ein Hoppe-Aufschlag sowie ein Kieler Aufschlagfehler halten das zweite Drittel bis 16-15 für Moers offen.Dann aber wieder Kiel am Moerser Block vorbei, ein Moerser Angriff touchiert die Antenne und bei 18-15 für Kiel die Auszeit für Moers. Nach dem ersten (!) erfolgreichen Moerser Block nur noch 19-18 für Kiel. Danach Kiel wieder am Moerser Block vorbei, dann bleibt ein Moerser Block nach der Landung einfach stehen und lässt sich von einem aus der eigenen Abwehr kommenden Ball überraschen: Kiel geht mit 22-18 in Führung, Lukas Schattenberg kommt für Chris Carter. Moers kämpft sich wieder auf 22-21 heran (Schattenberg zweimal erfolgreich), kann aber nicht weiter punkten und gibt nach einem Angriff in den Kieler Block auch den 2. Durchgang ab.

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Moers (hier Oskar Klingner) öfter ...

Kiel jubelt, Adler abgemeldet

Im 3. Satz startet Felix Orthmann für Lukas Schattenberg. Nach Moerser 0-3 Rückstand nimmt Trainer Rieskamp bei 2-5 eine Auszeit. Dann wird ein Ball verbaggert, eine Annahme ist kaputt, ein Angriff in den Block … und nach einer zweifelhaften Entscheidung („übergegriffen“) versucht Trainer Rieskamp bei 10-4 Rückstand mit einer Auszeit das sich anbahnende Debakel abzuwenden. Der folgende Moerser Aufschlag segelt ins Aus und 11-4. Dann landet Moers zwei Kill-Blocks in Folge zum 11-6 … der Kieler Trainer reagiert mit einer Auszeit. Ein schwacher Moerser Angriff folgt, dann kommt Lukas Schattenberg für Felix Orthmann. Moers kann sich vom 5-Punkte-Rückstand nicht befreien, liefert noch zwei schöne Blockaktionen (Hoppe/Klingner, Ihde/Carter) fällt dann aber nach zwei weiteren Angriffsfehlern auf 18-10 zurück. Kiel fast beliebig, zweimal an einem Moerser Einerblock vorbei und 21-11. Moers erledigt, Kiel lässt nichts mehr anbrennen …

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... durch die Mitte (hier Tim Ihde)

Fazit: Eine unerwartet deutlich Niederlage für die Mannschaft von Trainer Hendrik Rieskamp, die nach einer guten Trainingswoche - so die Aussagen des Trainerteams - von perfekt spielenden Gastgebern auseinandergenommen wurde. In den ersten beiden Sätzen im wahrsten Sinne des Wortes: der Kieler Zuspieler Moritz Behr macht das Feld „breit“, der Moerser Block zu oft nicht komplett, die Feldabwehr konnte nicht reparieren. Der Kieler Angriff durch und vorbei und mit größter Effizienz. Erst im 3. Satz Moers mit einigen schönen Kill-Blocks - sicherlich auch dem Umstand geschuldet,  dass die Kieler sich erlaubten angesichts der Kräfteverhältnisse einige Prozente Konzentration aus dem Geschehen herauszunehmen. Dem Moerser Spiel fehlte irgendwie die innere Überzeugung, die Körpersprache (leicht hängende Schultern) nicht überzeugend. Kein Spieler erreichte sein persönliches Leistungsvolumen, Ratlosigkeit breitete sich aus, niemand vermochte sich zu befreien und Mitspieler mitzureißen. Phasenweise sah es im 3. Satz nach dem frühen hohen Rückstand nach innerlicher Kündigung aus. Zugegeben: Kiel in blendender Form - aber das Moerser Team durfte sich nicht so vorführen lassen. Irgendwie wurde man an „Such a shame!“ von Talk Talk erinnert.

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Block erst (hier Hoppe/Klingner) im 3. Durchgang mit Effiziens ...

Stimmen:

Trainer Matthes Behlen: „Wir waren im Kollektiv insgesamt besser, die Mannschaft war hoch fokussiert - ich bin sehr zufrieden. Das war unser bestes Saisonspiel, wir haben gut verteilt - und die Angreifer haben fast alles vollendet. Ich habe auch bei engen Satzständen nie das Gefühl gehabt, dass wir aus dem Rhythmus kommen. Der Enthusiasmus blieb uns erhalten - auch weil wir unser Hauptziel erreicht haben: die Nr. 8 aus dem Spiel zu nehmen …!“

Co-Trainer Martin Schattenberg: „Das war eine völlig verdiente Niederlage - leider, muss man sagen. Wir haben unsere gute Trainingsleistung aus der Woche nicht aufs Parkett bekommen. Der Gegner war besser als wir. Insgesamt haben wir den gegnerischen Zuspieler zu wenig gelesen. Der hat die Bälle sehr gut verteilt, wir hatten zunächst fast keinen Zugriff im Block und haben doch hinten doch oft die Bälle touchiert - aber nicht kontrolliert.“

Trainer Hendrik Rieskamp: „Wir haben fast keine Chancen gehabt -  sind fast immer hinterhergelaufen. Haben ein/zwei Sachen gut gemacht - aber immer auch zwei/drei Sachen schlecht. Kiel hat in schwierigen Situationen bravouröse Lösungen gefunden, wir haben uns oft sang- und klanglos ergeben. Erstaunlich wie kompakt und stabil die Kieler heute aufgetreten sind.“

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"Ex-Adler" M. Sevenheck mit dem Sieger-Interview ...

MVP André Illmer: „Wir müssen heute akzeptieren, dass die Kieler in allen Elementen besser waren: im Aufschlag, in der Abwehr, im Angriff usw. Wir haben es nicht geschafft, dagegen zu halten. Ehrgeiz und Emotion haben gefehlt.“

Michael Sevenheck, vor über 30 Jahren beim MSC aktiv und jetzt Vorsitzender im Wirtschaftsrat der Kieler „Adler“: „Ich habe gespürt, dass unsere Jungs heute nicht nur gut drauf sind sondern auch wollten. Die hatten sich was vorgenommen, das konnte man spüren. Wir haben deshalb beschlossen, dem Team die ganz große Show zu geben: wir hatten das „Papplikum“ mit den Portraits von den Kieler Bundesligahandballern auf den Sitzen, und wir haben die große „Licht aus, Spot an!“ Show mit Einzelvorstellung und Drama (mit Flammenwerfern und Nebelwand) einlaufen lassen. Alles hat gepasst!“

Das MSC Aufgebot in Kiel: Veit Bils (14), Chris Carter (4), Jonas Hoppe (1), Tim Ihde (5), André Illmer (11), Oskar Klingner (7), Niklas Mülders (10), Marvin Prolingheuer (8), Lukas Salimi (9),  Lukas Schattenberg (12), Luca Wagner (3), Maxi Ströbl (2), Trainer: Hendrik Rieskamp, Co-Trainer/Scout: Sven Simon

Das Ergebnis: Kieler TV vs. Moerser SC 3:0,25-18-21-17 in 22,27 und 24 Minuten (1h 13min) MVP Kiel Moritz Behr, MVP Moers: André Illmer

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