VBL erlaubt Regelverstöße

Oder: wie Moers in Gransee veräppelt wurde

Die Corona-Saison 20/21 hat einen neuen Skandal. Nach 600 km Anreise zum Spiel vs. Lindow-Gransee wurde dem Moerser SC vom Gastgeber klargemacht, daß man umsonst angereist war. Die VBL in Berlin unterstützte die Entscheidung vor Ort mit der „Empfehlung“: Fahrt nach Hause ... und dann kommt nochmal vorbei. Vielleicht klappts ja dann.

Zur Sache: Seit Jahren ist es guter Brauch, dass vor der Saison ein Spielplan erstellt, von allen Beteiligten begutachtet und gebilligt ... und dann auch in der Saison befolgt wird. Wenn es zu einem Spielausfall kommt – muss einer der Partner (oder beide) frühzeitig und nachprüfbar einen guten Grund für den Spielausfall nennen. Dann wird ordnungsgemäß ein neuer Termin ausgemacht.

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Trainer Hendrik Rieskamp, Team Manager Hans-Peter Heisig und ... Busfahrer Erwin Hanemann: "Wie bitte? 600 km umsonst gebrettert?"

Viele Gründe möglich

Gründe für Ausfälle hat es in den letzten Jahren immer wieder gegeben. Es reicht von Wasserrohrbruch, defekter Hallenboden, Ausfall der Lichtanlage, Dach undicht, verzögerte Reparaturarbeiten  ... bis hin zu gesundheitlichen Problemen: ein großer Teil der Mannschaft mit schweren Magen-Darm Problemen und Testat vom Arzt - keine spielfähige Mannschaft mehr, Antreten nicht möglich. Alles so weit vor Spielbeginn, dass Gastgeber und Gegner sich zeitlich und logistisch darauf einstellen konnten.

Jetzt lieferte der SV Lindow-Gransee ein besonderes originelles Stück ab. 18.00 Uhr Spielbeginn, Testung der Mannschaft am selben Tag ab 15.00 Uhr ... und für die frisch aus Moers eingetroffene Mannschaft um 16.00 Uhr ein „Omelette surprise“: ein Spieler aus Lindow-G positiv getestet. Anfrage von Lindow an die angereisten Moerser: spielt ihr trotzdem? Moers sagt ja ... weil die Spielordnung das in einem bestimmten Kontext hergibt ...und muss dann aber etwas später feststellen, dass Lindow sein Angebot zurückzieht. 

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Testung im Foyer, einige Lindow-G Spieler in der Halle

Bleibt die Frage, was in aller Welt Lindow bewogen hat, die Testung kurz vor dem Spiel anzusetzen!? Die Lösung ist einfach – für Lindow. Das Team ist aus dem Großraum Berlin ... und da ist es unglaublich praktisch, wenn man die Jungs nicht jede Menge Kilometer zu einem Freitagabend–Testtermin fahren lässt, sondern mal eben vor dem Spiel, wenn sowieso alle da sind, die Testung durchführt. Wirklich praktisch gedacht, SV Eintracht Lindow-Gransee. Aber naiv – oder dumm – oder unbedacht – oder rücksichtslos – oder alles zusammen.

Testung à la Lindow

Eine ganz besondere Frechheit die Testung selbst – wie Augenzeugen feststellen konnten. Die Testung fand statt im Foyer der Dreifelderhalle. Eingang mittig, links eine kleine Theke, rechts Tische und Stühle, an der Wand oben ein TV-Gerät. Im Programm: Handball. Kaffee und Kuchen vorhanden. „Nette“ Atmosphäre.

Schräg unter dem Fernseher zwei Tische zusammengerückt. Darauf die üblichen Utensilien: Latexhandschuhe, Plastik-Leibchen, Testmaterial mit den langen Wattestäbchen für die Nase etc. pp. Während der Testung Spieler und Staff im Foyer, auch ein Schiedsrichter, ein Zivilist an der Kuchentheke, Team-Manager auch vor Ort, begleitender Journalist auch dabei, Lindow-Spieler stehen oder sitzen, gehen mal rüber in Halle, kommen zurück wegen möglicher Neuigkeiten, der Vereinsvorsitzende läuft herum und telefoniert, Team-Manager von Moers ebenfalls, Trainer von Moers auch im Foyer - auch mit Telefon, gelegentlich mal ein Gang zur Toilette von irgendjemandem, neugierige Spieler, Co-Trainer der Gäste auch gesichtet. Alle schauen mal rein, die Wege kreuzen sich. Das ist die Situation, die das Virus mag.

Dann testet der Spieler Paul Boock weiter, streift sich ordnungsgemäß die Latexhandschuhe über, zieht sich das Plastikmäntelchen an. Nach drei Testungen insgesamt steht fest: zweimal positiv, einmal negativ. Da war dann ein Zustand erreicht, der hohes Potential für den Vorwurf „fahrlässige Körperverletzung“ hatte – in Anbetracht der zahlreichen Personen (s. o.) und der allgemeinen Nähe. Das ist die Situation, die das Virus mag.

Wie auch immer: dann doch kein Spiel. Eine Meinungsänderung angeblich auch deshalb, weil Abwehr-Ikone Martin Pomerenke (der unruhig in Zivil vor der Halle auf und ab wandelte) angeblich festgestellt haben wollte, dass nicht mehr alle Lindow-Spieler antreten wollten. Immerhin ein Kader mit 17 Spielern!

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Home of Respect, Home of the Spielordnung

Auch erwähnenswert: schon im Bus hatte MSC Team-Manager Hans-Peter Heisig, im Stau stehend, den Lindow-Vorsitzenden gegen 15.45 Uhr über eine mögliche Verspätung informiert – war aber von dem nicht über die positive Testung informiert worden. Das MSC Team wurde dann auch über den Haupteingang – nicht über den Sportlereingang – in die Halle bzw. die Umkleideräume gelassen – auch bislang ein Unikat.

Stand der Dinge

Zum Wochenbeginn wird verlautbart: Lindow-Spieler Nr. 3 ist PCR negativ, Lindow-Mannschaft war einen Tag in freiwilliger Quarantäne. Das MSC-Team verbrachte eine Rückfahrt im Bus ... mit recht nachdenklichen Momenten. Infektion ja oder nein? Am Dienstagabend Entlastung in Moers: Team und Staff vorsorglich durchgetestet – alle negativ. Erste Entscheidung der VBL aus Berlin: Moers muss noch einmal in Gransee antreten. Keine Wertung, keine Entschädigung. Beide Vereine müssen bis zum 24. März einen Nachholtermin gefunden haben.

Der Moerser Presse wird von der VBL aus Berlin folgendes verklickert: in Zeiten der Corona-Pandemi würden die Verantwortlichen der VBL davon ausgehen, dass sich die Teams untereinander absprechen, um genau solche Fälle zu vermeiden. Frei nach dem Motto: der MSC hätte ja frühzeitig in Lindow anrufen ... und um einen vorzeitigen Test-Termin bitten können. Müssen?

Fazit der VBL: Die VBL macht dem Moerser SC den Vorwurf, dass der SV Lindow-Gransee im Vorfeld des Spieles vom MSC nicht an eine selbstverständliche Pflicht erinnert wurde: Ihr müsst am Tag davor (24h Regel) testen, damit im Falle eines Falles (Positive Testung) abgesagt werden kann. 

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Ende Gelände: die Lindow-Jungs bauen ab

Fest steht: Es handelt sich im Kontext mit dem Spielausfall in Lindow-Gransee um ein absolutes Pflichtversäumnis des Gastgebers. Dies kann nicht dem MSC angelastet werden. Zum Beispiel: Die VBL ruft nicht zwei Stunden vor Spielbeginn bei irgendwelchen Schiedsrichtern an – der Einsatz der Schiedsrichter wird frühzeitig sichergestellt. Weiteres Beispiel: die Reparatur und die Funktionalität einer Lichtanlage wird nicht kurz vor dem Spiel getestet – mit dem Risiko einer weiteren Dysfunktion und kurzfristigem Spielausfall. Die Testung erfolgt so rechtzeitig, dass bei Erfolg gespielt werden – oder bei Mißerfolg eine  Absage erfolgen kann. Immer ist der Ausrichter in der Pflicht, den Spieltag ordnungsgemäß vorzubereiten und abzuwickeln. Pflichten und Regularien sind unbedingt einzuhalten.

Ausnahme: Höhere Gewalt. Eine verschleppte Testung ist aber keine höhere Gewalt – eine Testung gehört in dieser Saison zur Pflicht. Eine verschleppte Testung stellt ein Versäumnis dar.

MSC Team Manager Hans-Peter Heisig bereitet derzeit einen Protest gegen die Entscheidung aus Berlin vor – bis Freitag möglich. In Berlin wird zur Zeit erneut über den Vorgang beraten – nach dem Moerser SC kundgetan hat, dass ein Protest erfolgen wird.