Blick nach Italien: schwere Zeiten, aber Blick nach vorn …

Coronabedingte Einschränkungen schmerzen

Wer zu den wenigen Glücklichen zählt, der auf einen Eintritt zu einem A UNO Spiel hoffen darf, muss am Eingang zunächst den Test mit der Fieberpistole überstehen, dann zwei Formulare ausfüllen und danach eine Antivirenschleuse, einen dichten chemischer Nebel, durchlaufen. Erst dann wird der Barcode der reservierten nummerierten Eintrittskarte gescannt. Hat man Platz genommen, wird man weiter beobachtet.

Liest man im Programm und senkt die Maske nach unten - wobei durchaus die Brillengläser beschlagen können - und nimmt die Maske ein wenig herunter um die Nase freizugeben und den Wärmestau  zu verringern: geht gar nicht. Da schaut ein Steward vorbei und machte entsprechende Zeichen: Completamente, prego! In Monza wird man gefragt, wie lange man schon mit der Maske unterwegs ist. "Seit heute morgen." Geht nicht - nach vier Stdn muss gewechselt werden. Man bekommt gratis eine neue Maske.

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Das Protokoll verlangt Maske - auch für Lorenzo Bernardi, den "Spieler des Jahrhunderts" ...

Strengste Regeln

So sitzen dann weit verstreut im großen Rund auch schon einmal gerade 450 Zuschauer - wie letzte Woche in der Arena von Piacenza. Bei vielen Spielen waren in der Vergangenheit die Ränge dicht gefüllt - dann sind es ca. 3000. Jetzt sind alle Sitze, die besetzt werden dürfen, markiert - alle nicht markierten Sitze dürfen nicht belegt werden.

Überall sind die Zugänge streng geregelt und begrenzt. In Modena werden selbst treue Tifosi mit teuren Dauerkarten ausgeschlossen. Hier gibt es eine Art Verlosung vor jedem Spiel. Selbst beste Beziehungen - sonst in Italien immer wirksam - helfen nicht weiter. In Monza - A UNO femminile - war das Nachholspiel vs. Florenz ein Geisterspiel ...

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Helferinnen in Monza wie in Moers: Maske, Handschuhe, Bälle desinfizieren ...

Auch bei den Journalisten wird genau hingeschaut: vier Fotografen dürfen dabei sein - die sich bewegen dürfen. Wer sonst noch eine Kamera mitführt, muss auf seinem Pressesitz bleiben. Schreibende Presse maximal 10 Journalisten - wer früh meldet könnte berücksichtigt werden.

Erste Impressionen: La Festa quasi finita …

Nach fünf Spieltagen in der A UNO gibt es angesichts der coronabedingten Einschränkungen eine Reihe von eher ernüchternden Erkenntnissen. Die Bedeutung der Heimspiele (Stimmung, Ambiente, "Adrenalin“) ist bedingt durch die fast komplette Abwesenheit von Zuschauern nicht mehr vorhanden - die zum Teil massiven Ausfälle bei den Zuschauereinnahmen (vor allen Dingen im Männerbereich) schmerzen. Bei den Spielergehältern hat es Abstriche gegeben.

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... nur in den Auszeiten ohne Maske ...

Die Gazetta dello Sport stellt fest: bislang werden nur noch 34% der Heimspiele  gewonnen - auswärts sind die Teams erfolgreicher. Für Andrea Giani, Trainer der deutschen Nationalmannschaft und Trainer von Modena, der mit 3000-4000 Zuschauen bislang verwöhnt war und der mit seinem Team eher schlecht in die Saison gestartet ist: „Das kann zufällig sein. Aber die Situation ist schon anders. Warten wir ab, wie es im Pokalwettbewerb weitergeht und wie die Teams mit dem Beginn der Play Offs aussehen.“

Fefé De Giorgi, renommierter Trainer von Civitanova, meint, dass man im Training mehr oder weniger mehr denn je einen „Auto-Agonismus“ trainieren muss. De Giorgi: „Lamentieren ist keine Strategie die hilfreich ist.“

Die guten alten Zeiten …

Ansonsten schwelgen die Italiener weiterhin von vergangenen Zeiten: in diesem Sommer kamen gleich drei Bücher auf den Markt, die sich mit der Weltmeisterschaft von 1990 (und den folgenden zwei WM sowie den weiteren Glanztaten in der World League) befassen. Das damalige Dream Team, die „Generation dei Fenomeni“ … sind unvergessen … „Zorro“ Zorzi stellt die Protagonisten von damals derzeit auf YouTube vor.

Skandal zum Saisonbeginn

Nach zwei Niederlagen im italienischen Pokalwettbewerb und nur fünf Tage vor Beginn der Saison gab es bei Piacenza einen spektakulären Trainerwechsel: Andrea Gardini wurde gegangen, Lorenzo Bernardo übernahm. Gerüchteweise flog Gardini nicht wg. des Scheiterns im Pokal - es soll in der Kabine zu Handgreiflichkeiten gekommen sein.

Viele der damaligen Superstars sind heute als Trainer unterwegs: so auch Gardini-Nachfolger Lorenzo Bernardi, der jetzt in Piacenza zusammen mit Georg Grozer jun. versuchen will dem Team neuen Glanz zu verleihen. 

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Trainer De Giorgi mit "Klopper" Leal ...

Aber „Bomber“ Grozer wird es allein nicht richten können: Perugia mit Leon und Civitanova mit Leal haben die allergrößten „Klopper“ in ihren Reihen … und sind, das wird wohl ausschlaggebend sein - breiter besetzt. Grozer selbst startete zum Saisonauftakt gegen Ravenna stark, hat aber sonst noch nicht viel zeigen können. Am 4. Spieltag sollte er gegen Civitanova wg. einer kleinen Zerrung geschont werden … um im wichtigen Spiel in Modena auftreten zu können. Aber auch hier wurde er wg. o.a. Verletzung nicht eingesetzt. 

Auf Anhieb Meister … oder Absteiger?!

Perugia mit Trainer Vital Heynen holte sich kurz vor der Saison den SuperCoppa gegen Civitanova … im Tiebreak mit 15-13 … und führt die Tabelle vor Civitanova an. Perugia gilt als Toppfavorit. Durchaus möglich, dass Jan Zimmermann und David Sossenheimer auf Anhieb italienischer Meister werden. Beide sind in Perugia bei Vital Heynen gut aufgehoben, kommen auch zu Spielanteilen. Auf Anhieb Meister - oder sofort Absteiger. Dieses Schicksal könnte Tobias Krick ereilen, der mit Cisterna gegen den Abstieg spielt. Einen absolut soliden Auftritt legte bislang Moritz Karlitzek hin, der in Modena (Platz fünf, ein Spiel weniger) bei Trainer Andrea Giani eine wichtige Rolle einnimmt: bislang in fast jedem Spiel durchgespielt!

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Jan Zimmermann von Trainer Vital Heynen von Maaseik nach Perugia "entführt" ...

Neue, alte Favoriten …

Perugia und Civitanova gelten in der noch jungen Saison als die Meisterschaftsfavoriten. Trainer Fefe De Giorgi (auch ein Spieler aus der goldenen Generation) mit Civitanova gelten die meisten Sympathien - auch deshalb, weil Perugia Trainer Lorenzo Bernardi vor der letzten Saison aus einem laufenden Vertrag heraus kündigte um Vital Heynen unter Vertrag zu nehmen. 

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Hannah Orthmann - hoch am Netz, tief in der Annahme ...

Bei den Damen ist nach wenigen Spieltagen Conegliano mit Kimberly Hill und Paola Egonu wieder an der Tabellenspitze - wie auch beim coronabedingten vorzeitigen Abbruch der letzten Saison. Danach ist die Situation mehr oder weniger offen. Trentino (mit einem rein italienischen Aufgebot!) ist zwar noch auf Rang zwei - meldet auch Ansprüche an, aber dürfte sich im Saisonverlauf nicht auf Rang zwei halten können. Saugella Monza (mit Hannah Orthmann) rangiert derzeit nach dem 3:1 vs Florenz (Nachholspiel) auf Platz vier. Hannah Orthmann spielt seit langem im Stamm … und imponiert mit harten Aufschlägen (die öfter mal am Netz „abgestaubt“ werden) sowie mit sicheren Angriffspunkten. In der Partie gegen Novara wurde sie MVP - einen Tag zuvor hatte sich Bruder Felix Orthmann beim MSC in der Partie vs Bocholt die MVP Plakette geholt. Nach der Partie gegen Florenz gab es wieder eine TG-Bestbewertung (TG - Trofeo Gazetta dello Sport).

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Mal sehn, was noch so kommt ... scheint Hannah Orthmann zu denken.

Monza - direkt bei Mailand - ist die neue Volleyballhochburg und ist neben Trentino sowohl in der A UNO maschile wie auch in der A UNO femminile mit je einem Team vertreten …