Drucken

Essen macht sich vom Feld und kriegt die Kurve

Schon in der letzten Saison, auch eine Corona-Saison, stand der VV Humann Essen praktisch als Absteiger fest ... bei Saisonabbruch hatte man die Rote Laterne. Dann Trainerwechsel in der Sommerpause – nun sollte es in dieser Saison Dr. Peter Bach richten, vor Jahren schon einmal Trainer bei den „Humännern“. Aber die Schwierigkeiten blieben. Auch in dieser Saison ist Essen unten dabei.

Nach einigen Testspielen war es dann soweit - mehr oder weniger konsequent die Kapitulation und der Ausstieg. Eine Kapitulation schön raffiniert – wie in der großen Politik vorexerziert - auf der Moral- und Ethik-Schiene. In der Pressemeldung auf der Vereins-HP zum Ausstieg eine geballte Ladung: „Umsicht, Weitsicht, Nachsicht, Verantwortungsgefühl und Vorbildfunktion“. Besonders link der nachfolgende Schlenker in der lokalen Presse: man könne und wolle ja nicht so wie die Vereine mit „professionellen Strukturen“ ... mit einem völlig deplatzierten Querverweis auf den Moerser SC.

Opferrolle

Von der Moral weiter zum alten Humann-Mantra: sich selbst als Edelamateure darstellen, in starkem Kontrast zu den „Profis“ im Volleyball, die ja eigentlich fast einen anderen Sport betreiben. Im Gegensatz dazu die Essener Edelvolleyballer, die nach dem Training nach Hause gehen und womöglich Familienangehörige gefährden – dies aber nicht verantworten können. Als ob die Spieler in anderen Vereinen mit „professionellen Strukturen“ nicht in sozialen Strukturen leben würden. Aber Spieler in solchen Vereinen haben dann womöglich nicht dieselbe Sensibilität und das starke Verantwortungsgefühl wie die „reinen“ Amateure aus Essen ...

Nach der moralischen Exkursion ...  und dem Edel-Amateur-Gehabe führt die Humann-Rethorik schließlich zu den „Schwierigkeiten“ mit der Stadt Essen, die „Amateuren“ ja Trainings- und Spielmöglichkeiten wegen der aktuellen gesetzlichen Vorgaben (Corona-Schutzverordnung NRW) nicht gestatten darf. Wirklich elegant die Kurve gekriegt: Selbst wenn wir gewollt hätten, wir dürfen ja nicht. 

Mauschel-Ausstieg?

Wie auch immer – den Gipfel der Ausstieg-Inszenierung lieferte nun die VBL in ihrer letzten Presserklärung. In der Frauen-Bundesliga hatte man Ostbevern noch so gerade fristgerecht (nach dem Ende der Hinrunde) den Abgang ermöglicht. Jetzt erlaubt die VBL – vier Tage nach dem offiziellen Beginn der Rückrunde – nach anfänglichen Strafmaßnahmen doch noch den eleganten Ausstieg für die „Zweitliga-Volleyballer aus Steele“.

Humann darf die Saison nun – kostengünstig - beenden. Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung meldet, dass es eine „Abstandsumme“ gibt. Aber: „Über die Höhe schweigen beide Seiten.“ 

Wiederum fügt die WAZ in ihrer Meldung an, dass es Spieler gibt, die „für ihre Aufschläge und Baggerkünste bezahlt werden.“ Wieder fällt der Name Moerser SC. Und die WAZ erzählt weiter: „Die Humänner werden ihrer Linie treu bleiben.“ Wie tapfer! Und die WAZ weiß sogar auch etwas von einer Rückkehr-Option.

Bonus für den Abgang

In der Tat: die VBL gewährt nicht nur den Ausstieg sondern legt sogar noch einen Bonus drauf: die Mannschaft darf in der nächsten Saison wieder in der Bundesliga Nord antreten. Das ist nun wirklich krass, ein Schlag ins Gesicht für alle Vereine, die – stellenweise mit größten Anstrengungen und Schwierigkeiten - dem Reglement folgen und unter Umständen absteigen dürfen.

Ein echtes Bonbon in der VBL-Ausstiegserklärung noch die Bemerkung vom Trainer Dr. Peter Bach in Essen: „Des weiteren respektieren wir vollumfänglich die Position der Mehrzahl der Zweitligisten zur Fortführung des Spielbetriebs.“ Ist das eine Höflichkeit ... oder als „vollumfängliche“ Entschuldigung für die Vereine mit den professionellen Strukturen gedacht? Die Rezeptoren bei einigen Liga-Managern melden da eine Mischung aus Ironie und Sarkasmus ...

Eines steht fest: Leicht ist die Situation in der zweiten Corona-Saison wahrlich nicht. Aber die Vereine in der Bundesliga Nord und die sie vertretende VBL dürfen sich nicht von einem Verein, dessen Erste Mannschaft auch in der 2. Corona-Saison sportlich auf dem letzten Loch pfeift, so einsülzen und vorführen lassen. Kann aber auch sein, dass die mit erheblichen Personalproblemen belastete VBL so herumdoktert, weil ihr gegenwärtig eine klare Führung fehlt ... 

Libero